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Lili und das chinesische Frühlingsfest

Es schneit. Dicke Flocken fallen auf den Boden, als Lili mit ihrem Papa zum Kindergarten geht.

Heute ist ein ganz besonderer Tag. Die Chinesen feiern das Frühlingsfest. So begrüßen sie das neue Jahr. Deshalb hat Lili ihr Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden und mit einer knallroten Schleife geschmückt.

Im Kindergarten überreicht sie ihrer Freundin Emma einen roten Umschlag. Neugierig öffnet diese den Brief und holt eine Karte mit komischen Zeichen heraus.

„Das ist Chinesisch. Es ist eine Einladung zum Frühlingsfest“, sagt Lili. „Das Bild hat mein Papa gemalt.“

Lauter kleine Chinesen springen um einen Löwen herum. Er hat große Kulleraugen und sieht ganz lieb aus.

Mittags holt Lilis Mama die Mädchen vom Kindergarten ab.

An die Wohnungstür hat Lilis Papa ein großes Bild geklebt und im Flur hängen lauter rote Lampions.

„Der sieht aber unheimlich aus“, sagt Emma verwundert.

„Das ist ein Türgott“, sagt Herr Wang. „Er soll unsere Familie beschützen. Kommt schnell rein, dann erzähle ich euch die Geschichte.“

Vor langer Zeit lebte in China ein großes Ungeheuer. Das hieß Nian. Einmal im Jahr kam es hungrig aus seinem Versteck in den Bergen. Auf der Suche nach Essen trampelte Nian über die Felder und erschreckte die Tiere auf den Weiden. Er kam in ein kleines Dorf. Eine alte Frau hatte vergessen, die Wäsche ins Haus zu holen. Lauter rote Tücher hingen auf der Leine. Nian hielt sie für Feuer. Schnell machte er kehrt und rannte davon. Erleichtert riefen die Dorfbewohner: „Seht nur, es hat Angst vor der Farbe Rot.“ Aus Freude darüber entzündeten sie ein großes Feuer und holten Trommeln und Gongs hervor. Das war ein Krach! Als es dunkel wurde, hängten sie rote Laternen ins Fenster und ließen sie die ganze Nacht lang leuchten.

„Seitdem feiern wir in China nun jedes Jahr das Frühlingsfest mit roten Lampions und ganz viel Krach„, erklärt Lili. „Alle Kinder freuen sich darauf. Denn dann gibt es jede Menge leckere Sachen. Mama kauft kandierte Äpfel und Märchenfiguren aus braunem Zucker. Am schönsten aber ist der Drachentanz. Der Drache ist aus buntem Papier. Er ist so lang, dass ihn 10 Männer an Holzstangen tragen müssen. Wenn sie durch den Park laufen, sieht er aus wie eine riesige Schlange, die hüpft und tanzt. Dazu wird ganz laut getrommelt. Abends gibt es dann ein besonderes Essen. Und wenn es ganz dunkel ist, gucken wir uns das Feuerwerk an.“ – „Wie bei uns Silvester“, sagt Emma.

Lili und Emma dürfen bei den Vorbereitungen für das Festessen helfen.

Familie Wang isst zum Frühlingsfest am liebsten Jiaozi. Das sind mit Fleisch und Gemüse gefüllte Teigtaschen, die so ähnlich aussehen wie Ravioli oder Maultaschen.

Emma und Lili dürfen den Teig ausrollen und auf jedes Stück etwas von der Füllung legen. Geschickt klappt Mama Wang ein Teigstückchen aufeinander und drückt es fest zusammen. Jetzt versuchen auch Emma und Lili ihr Glück. Nicht alle sehen so schön aus wie die von Mama Wang. Einige drückt sie noch einmal fest zusammen, damit sie sich beim Kochen nicht öffnen. Heimlich steckt sie in einige Jiaozi eine Erdnuss oder ein Geldstück. Das gibt eine lustige Überraschung!

Jetzt muss die Küche aufgeräumt werden. Lilis Mama hat schon vor Tagen die Wohnung sauber gemacht. Denn während des Frühlingsfestes darf nicht geputzt werden. „Sonst wird das Glück aus dem Haus gefegt", erklärt Lilis Mama.

Über den Herd hängt sie ein neues Bild vom Küchengott. „Er passt auf, dass wir immer genug zu essen haben“, sagt Lili.

Vor dem Frühlingsfest wird er in den Himmel geschickt. Dort berichtet er, was die Familie im letzten Jahr gemacht hat. Er soll natürlich nur Gutes erzählen. „Daher schenken wir ihm süße Früchte. Manchmal schmieren wir auch etwas Honig auf seine Lippen“, sagt Lilis Mama lachend.

Im Wohnzimmer ist schon der Tisch für die Familienfeier gedeckt.

Lilis Tante und Onkel sind mit dem kleinen Tong gekommen. Er sitzt auf seinem Kinderstuhl und versucht gerade mit den Stäbchen eine Erdnuss zu angeln. „Vorsicht!“, ruft Lili. Beinahe hat der kleine Tollpatsch das Schälchen mit der Soße für die Teigtaschen umgestoßen.

Bei einem richtigen Festessen gibt es natürlich nicht nur Jiaozi. Mama Wang trägt eine große Platte mit dem Fisch herein. Auf Chinesisch heißt Fisch und wird genauso ausgesprochen wie das Wort Wohlstand in Chinesisch. „Das wünschen wir uns für das ganze Jahr“, erklärt Tante Liu.

Dann zeigt Lili Emma, wie man mit Stäbchen isst. „Du nimmst sie in eine Hand. Als ob du zwei Buntstifte zwischen Daumen und Zeigefinger hältst. Jetzt pickst du wie ein kleiner Vogel mit dem Schnabel einen Happen aus der Schale.“ – „Das ist gar nicht so schwer“, kichert Emma.

Nur die rutschigen Teigtaschen fallen ihr manchmal von den Stäbchen. Doch das findet keiner schlimm.

Auf einmal lacht Tante Liu laut auf. Sie hat in ihrem Teigtäschchen ein Geldstück gefunden. Nun wird sie das ganze Jahr lang immer Geld haben.

Lilis Papa hat die Erdnuss erwischt. Er freut sich sehr, denn es bedeutet: ein langes Leben.

Als alle schon ganz satt sind, bringt Lilis Mama den Nachtisch herein. Es ist ein Pudding aus klebrigem Reis mit vielen süßen Früchten und Nüssen. „Schmeckt lecker, ein bisschen wie Milchreis mit Zucker und Zimt“, findet Emma.

Alle müssen unbedingt von dem Pudding kosten, damit das neue Jahr auch so süß wird.

Nach dem Festessen bekommen die Kinder noch einen roten Briefumschlag. Darauf ist das chinesische Zeichen für Glück gemalt. Darin ist etwas Geld.

„Es ist Glücksgeld„, erklärt Lilis Onkel. „Früher waren die Menschen in China sehr arm. Daher gab es keine Geschenke wie heute zu Weihnachten. Sie freuten sich, wenn sie sich etwas zu essen kaufen konnten.“

Alle rufen gemeinsam: „Viel Glück im neuen Jahr!“ Selbst der kleine Tong kräht „Glück!“. Dabei fällt er fast von seinem Kinderstuhl. So müde ist er. Auch für Emma und Lili ist es nun Zeit zum Schlafengehen.

Im Kinderzimmer finden sie noch eine Überraschung.

Emma holt eine gefütterte Seidenweste aus dem schönen Geschenkpapier hervor. „Süß!“, ruft Lili.

Für Lili gab es einen Jeansrock und eine bunt bestickte Jacke aus Seide. Gleich morgen wollen sie die neuen Sachen anziehen.

„Jetzt wird es aber Zeit“, sagt Mama Wang. „Schlaft recht schön.“

„Warum ist der Drache in China eigentlich so lieb?“, will Emma noch wissen.

„Wir glauben, dass der Drache im Meer und in den Wolken lebt“, erklärt Lilis Mama. „Im Frühling bringt er Regen, damit die Pflanzen wieder wachsen. Und im Herbst passt er auf, dass das Meer nicht zu stürmisch ist. Daher haben wir ihn lieb. So wie du deinen Teddybären.“

Emma nimmt ihren Teddybären ganz fest in den Arm und Lili kuschelt mit ihrem Hasen. Beide sind ganz schön müde.

„Gute Nacht!“, sagt Lili. „Träume schön von einem lieben Drachen mit Kulleraugen.„– „Du auch!“, flüstert Emma noch. Und schon sind die beiden Mädchen eingeschlafen.

Ende der Geschichte! Schlaf schön!

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