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Der Tag, an dem Oma das Internet kaputt gemacht hat

Eine Geschichte von Marc-Uwe Kling illustriert von Astrid Henn, erschienen im Carlsen Verlag.

„Es geht nicht mehr“, sagte die Oma. Sie saß vor dem Computer und klickte mit der Maus.

Jedes Mal, wenn sie einen Doppelklick machte, sagte sie: „Klick, klick.“

Tiffany blickte von ihrem Puzzle auf. Guckte die Oma an. Es waren Ferien. Deswegen war Tiffany nicht im Kindergarten, sondern im Wohnzimmer. Und deswegen waren Oma und Opa da.

Zum Aufpassen, hatten Mama und Papa gesagt. Aber wer auf wen aufpassen sollte, hatten sie nicht gesagt. Deswegen passte Tiffany auf die Oma auf. Vorsichtshalber.

„Klick, klick“, sagte die Oma. „Es geht einfach nicht mehr!“

„Was geht nicht mehr?“, fragte Tiffany.

„Das Internet“, sagte die Oma. „Schau. Klick, klick. Aber nichts passiert.“

„Was ist das Internet?“, fragte Tiffany.

„Klick, klick“, sagte die Oma. „Das Internet, hm …“

Die Oma kratzte sich an der Nase, dachte angestrengt nach und sagte endlich: „Das Internet ist so etwas Ähnliches wie Videotext.“

„Was ist Videotext?“, fragte Tiffany.

„Das, hm, das ist wie Fernsehen“, sagte die Oma. „Aber zum Lesen.“

„Du hast echt keine Ahnung, Oma“, sagte Max.

Er lag auf dem Sofa, sein Handy in der Hand, und schrieb eine Textnachricht an seinen besten Freund. Max war schon zehn. Max war nicht in der Schule, sondern auch im Wohnzimmer, weil ja Ferien waren.

Und eigentlich, dachte Tiffany, müsste Max auf Opa aufpassen. Machte er aber nicht. Der Opa musste auf sich selber aufpassen. Max spielte lieber Handyspiele mit seinem Kumpel. Irgendwas mit Raumschiffen.

„Das Internet“, erklärte Max seiner kleinen Schwester, „ist wie die Pinnwand über meinem Schreibtisch. Nur viel, viel größer! Verstehst du? Da kann man Nachrichten dranheften oder Fotos oder Geschichten oder Ausmalbilder, sogar Musik und Filme und alles Mögliche. Und es haben schon ganz viele Leute Sachen an das Internet drangeheftet. Deshalb findet man inzwischen auf viele Fragen die Antwort im Internet. Manchmal ist die Antwort aber leider falsch. Weil nicht alle, die im Internet rumklicken, wirklich schlau sind.“

„Klick, klick“, sagte die Oma.

„Das Internet“, sagte Max, „verbindet all unsere Computer und Handys und noch viele andere Geräte. Deswegen kann man über das Internet auch mit anderen Menschen sprechen. Oder Spiele spielen. Oder Nachrichten versenden. Das mache ich gerade.“

Er drückte auf seinem Handy auf Senden, aber das Handy sendete nicht. Darum drückte er noch mal auf Senden. Und noch mal.

„Senden“, sagte Max und drückte auf Senden. Aber nix wurde versendet. „Das Internet geht wirklich nicht mehr“, stellte
er erstaunt fest.

„Sag ich doch“, sagte die Oma.

„Warum geht es nicht mehr?“, fragte Tiffany.

„Ich glaube“, sagte die Oma beschämt, „ich habe das Internet kaputt gemacht.“

„Du kannst das Internet nicht kaputt machen“, sagte Max.

„Ich habe das ganze Internet kaputt gemacht“, sagte die Oma kopfschüttelnd. „Aus Versehen.“

„Du hast auf keinen Fall das ganze Internet kaputt gemacht“, sagte Max.

Aber da täuschte er sich. Die Oma hatte tatsächlich das Internet kaputt gemacht. Das ganze Internet. Auf der ganzen Welt. Kaputt gemacht. Von der Oma. Aus Versehen. Klick, klick.

Na, da war aber was los. Also an dem Tag, an dem die Oma das Internet kaputt gemacht hat.

Es fing damit an, dass Luisa aus ihrem Zimmer stürmte. Luisa war natürlich auch nicht in der Schule. Klar. Waren ja Ferien. Dann war Luisa meistens in ihrem Zimmer.

Manchmal war Luisa sogar in ihrem Zimmer und nicht in der Schule, obwohl keine Ferien waren. Das durfte aber keiner wissen. Wusste auch keiner. Luisa war schon vierzehn. Luisa konnte sich selber Entschuldigungen schreiben. Durfte sie zwar nicht. Machte sie aber trotzdem.

Luisa hatte sogar schon mal einen Freund gehabt. Mindestens zwei Wochen lang. Das war auch geheim. Wusste aber jeder.

Kurz nachdem sie mit ihrem Freund Schluss gemacht hatte, hat Luisa grüne Haare bekommen.

„Deine Schwester steckt in einer politischen Phase“, hatte Papa Tiffany erklärt.

Tiffany hatte politische Farbe verstanden. Seitdem nannte sie ihr schwingendes grünes Kleid das politische Kleid.

Luisa jedenfalls stürmte aus ihrem Zimmer. Ihre Haare waren grün und ihr Gesicht rot. „Was habt ihr mit dem Internet gemacht?“, fragte sie wütend. „Meine Musik läuft nicht mehr!“

„Ich würde das ja eh nicht Musik nennen, was du immer hörst“, sagte Max.

„Was weißt du schon“, zischte Luisa. Seit sie grüne Haare hatte, hörte Luisa nur noch Lieder von Punkbands aus dem letzten Jahrtausend.

Am besten fand sie eine Band namens Die Bäume. Max meinte, dass die gar keine Musik machen würden, sondern nur Krach. Und singen würden sie auch nicht. Stattdessen würden sie einfach nur brüllend mitteilen, was ihnen alles nicht gefällt. Deswegen, meinte Max, hätte sich die Band lieber Die Babys nennen sollen.

„Warum geht denn das Internet nicht mehr?“, fragte Luisa.

„Die Oma hat das Internet kaputt gemacht“, sagte Tiffany.

„Aus Versehen“, sagte die Oma.

„Das ganze Internet“, sagte Tiffany.

„Quatsch“, sagte Max.

„Quatsch“, sagte Luisa.

Stimmte aber doch. „Schau hier“, sagte Oma zu Luisa. „Klick, klick.“

Luisa zog alle Kabel aus dem Internetrouter und steckte sie wieder rein. Brachte nix. Tiffany begann, sich ein wenig Sorgen zu machen. Sie hatte doch auf die Oma aufpassen sollen. Und ausgerechnet heute hatte die Oma das Internet kaputt machen müssen. Na toll.

Aus dem Gästezimmer hörte man jemanden rufen. Das war der Opa. Er hatte im Fernseher eine Sendung übers Angeln geguckt. Der Opa mochte Fische. Jetzt kamen keine Fische mehr.

„Geht das Internet bei euch auch nicht?“, rief der Opa.

„Nee“, rief Luisa.

„Sitzt die Oma am Computer?“, fragte der Opa.

„Ja“, antwortete Max.

„Bestimmt hat sie es kaputt gemacht“, rief der Opa.

„Nur aus Versehen!“, rief Tiffany.

„Ihr Alten habt echt überhaupt keine Ahnung von Technik“, murmelte Luisa. „Die Oma kann das Internet gar nicht kaputt machen.“

Doch. Wohl. Konnte sie. Klick, klick.

„Ich komm mal und gucke, ob ich es reparieren kann„, rief der Opa. Er kam. Und er guckte. Aber er konnte nicht. „Klick, klick“, sagte der Opa. Und dann sagte er: „Geht nicht.“ Ging nämlich nicht. „Wahrscheinlich müsste man das Internet mal aufschrauben“, sagte der Opa. „Aber ich habe mein Werkzeug nicht dabei.“

„Man kann das Internet nicht einfach so aufschrauben!“, sagte Max.

„Nee“, sagte die Oma, „der Opa hat ja sein Werkzeug nicht dabei. Das ist schade. Wo ich ihm doch noch gesagt habe, er soll es heute mitbringen.“

„Dalassen!“, sagte der Opa. „Ich soll’s dalassen, hast du gesagt!“

„Na ja“, sagte die Oma. „So oder so. Mitgenommen hast du es jedenfalls nicht.“

„Also ich bin froh, dass Opa sein Werkzeug nicht dabeihat“, sagte Luisa.

„Letztes Mal, als Opa sein Werkzeug dabeihatte, hat er die Waschmaschine kaputt gemacht“, sagte Tiffany.

„Die war schon kaputt“, brummte der Opa.

„Nicht so kaputt“, sagte Max.

Plötzlich klingelte es an der Tür. Die Oma machte auf und alle anderen standen neugierig hinter ihr. Es war ein Pizzajunge. Hinter ihm parkte ein Moped und auf dem Moped war ein Koffer mit Pizzen.

„Vielleicht könnt ihr mir helfen“, sagte der Pizzajunge. „Ich soll ein paar Pizzen ausliefern, aber die Navi-App auf meinem Handy geht nicht mehr. Ich habe schon im Pizzaladen angerufen, aber bei denen geht das Internet auch nicht. Wisst ihr vielleicht, wo die Zusestraße ist?“

Wusste leider keiner. Kurz blickte der Pizzajunge auf Luisa und ihre grünen Haare. „Na ja“, sagte er dann, „wollt ihr vielleicht die Pizzen haben?“

Wollten alle. Sogar der Opa. Obwohl der sonst nur Kotelett aß. Aber wenn’s umsonst war, aß der Opa alles.

Der Pizzajunge durfte sich auch mit an den Tisch setzen. Hatte Luisa entschieden. „Schließlich hast du uns die Pizza ja gebracht!“, sagte sie.

Der Pizzajunge lächelte. Er fand das gar nicht schlecht, mal Pause zu machen. Hatte ja eh nichts zu tun. Keine Aufträge. Internet kaputt. Kaputt gemacht von der Oma. Aus Versehen.

„Also ist das Internet nicht nur bei uns kaputt“, sagte Luisa nach dem Essen. „Warum es wohl kaputt ist?“

„Die Oma …“, begann Tiffany.

„Quatsch“, sagten Max und Luisa.

Der Opa ging kurz ins Gästezimmer und holte ein Radiogerät aus seinem Koffer. „Na, wollen wir doch mal hören“, sagte er.

Er drückte auf einen Knopf und das Gerät machte komische Geräusche.

„Was ist das?“, fragte Tiffany.

„Das ist ein Relikt einer uralten, längst untergegangenen Zivilisation“, sagte Max.

„Ein mysteriöses Artefakt aus den ersten Tagen der Menschheit“, sagte Luisa.

„Das ist mein gutes Kofferradio“, sagte der Opa. „Das bringe ich immer mit. Weil ihr kein Radio mehr habt.“

Er drehte an einem anderen Knopf und plötzlich hörte man eine Stimme sprechen. „… und nun die Nachrichten: Das Internet ist anscheinend kaputt. Das ganze Internet. Auf der ganzen Welt. Noch ist vollkommen unklar, wer oder was das Internet kaputt gemacht hat …“

„Die Oma war’s!“, sagte der Opa.

„Quatsch“, sagten Luisa und Max.

„Nur aus Versehen“, sagten Tiffany und die Oma.

„Das ganze Internet kaputt …“, sagte Max ungläubig. „Was sollen wir denn jetzt bloß machen?“

„Na, wir können jedenfalls nicht den Dokumentarfilm über laichende Regenbogenforellen angucken“, sagte der Opa.

„Und die Lieder von den Bäumen kann ich auch nicht mehr hören“, sagte Luisa.

„Und Raumschiffe abschießen kann ich auch nicht“, sagte Max.

„Sogar Pizza ausliefern geht nicht“, sagte der Pizzajunge.

Als er kurz seine rote Mütze abnahm, um sich am Kopf zu kratzen, sahen Tiffany und Luisa, dass seine Haare auch die politische Farbe hatten.

„Was jetzt wohl die ganzen Kacknazis machen“, fragte Luisa, „wenn sie nicht mehr den ganzen Tag lang andere Leute im Internet beschimpfen können?“

„Luisa!“, sagte die Oma.

„Wir sollen nicht Kacke sagen, wenn die Oma da ist“, sagte Tiffany.

„Entschuldigung“, sagte Luisa. „Aber Nazis sind halt kacke.“

„Luisa!“, sagte die Oma.

„Oma“, sagte Max. „Du weißt doch, dass sie eine politische Phase hat.“

„Farbe“, sagte Tiffany. Und dann fragte sie: „Was sind denn Kacknazis?“

„Uh“, sagte Luisa. „Das verstehst du, glaube ich, noch nicht. Da müsste ich dir eine komplizierte Antwort geben.“

„Nazis sind böse Menschen“, sagte die Oma.

War gar nicht so kompliziert. Hatte Tiffany sofort verstanden.

Dann kam irgendwann Mama nach Hause. Viel früher als sonst. Tiffany freute sich darüber. Die anderen freuten sich wahrscheinlich auch, aber sie zeigten es nicht so doll.

„Das Internet ist kaputt“, sagte Mama.

„Weiß ich“, sagte Tiffany.

„Deswegen hat meine Agentur für heute zugemacht“, sagte Mama.

Ohne Internet konnte man keine Internetseiten betreuen. War logisch.

„Ist Papa noch nicht da?“, fragte Mama. „Der wollte auch kommen. Wir haben vorher kurz telefoniert. In der Bank ist das Internet nämlich auch kaputt.“

„Das Internet ist überall kaputt“, sagte Tiffany. „Die Oma hat’s kaputt gemacht.“

„Unsinn“, sagte Mama. Stimmte aber.

„Ich habe nicht gut genug auf sie aufgepasst“, sagte Tiffany.

Mama lächelte. „Und wer ist der junge Mann hier?“, fragte sie.

„Das ist der Pizzajunge“, sagte Tiffany. Der Pizzajunge war nämlich immer noch da. Er hatte sich ein wenig in Luisa verliebt. Sollte keiner merken. Hatte aber jeder gemerkt. Sogar Tiffany. Und Mama auch sofort.

Papa kam kurz nach Mama nach Hause. „Draußen herrscht voll das Chaos“, sagte er. „Das Internet ist kaputt.“

„Wissen wir!“, sagten alle.

„Deswegen hat meine Abteilung bei der Bank heute früher zugemacht“, sagte Papa. „Ohne Internet können wir kein Geld mehr hin- und herschieben.“

„Dann hat es ja doch sein Gutes, dass das Internet kaputt ist“, sagte Luisa. Luisa glaubte nämlich, dass Banken immer versuchen würden, alle Menschen um ihr Geld zu betrügen.

Max hatte Tiffany erklärt, dass das zwar manchmal stimmte, aber nicht immer. Und Tiffany war sich sicher, dass zumindest ihr Papa niemanden betrügen würde.

Papa sagte nichts zu Luisas Spruch. Aber man sah, was er dachte, und zwar: politische Phase.

„Wieso kommst du eigentlich so spät?“, fragte Mama.

„Hab mich verfahren“, erklärte Papa. „Die Navi-App auf meinem Handy ging nicht.“

Der Pizzajunge nickte und murmelte: „Weil das Internet kaputt ist.“

„Bist du eigentlich Luisas neuer Freund?“, fragte Papa.

„Papa!“, sagte Luisa empört.

„Kennst du denn den Weg nach Hause nicht selber?“, wunderte sich Mama. „Du fährst die Strecke doch jeden Tag.“

„Schon, aber immer mit Navi!", sagte Papa. Alle lachten. „Aber wenn ich mich nicht verfahren hätte“, sagte Papa, „dann wäre ich nicht an dem Stand mit den frischen Bertehren vorbeigekommen!“

Bertehren hatte Tiffany, als sie noch kleiner war, immer zu Erdbeeren gesagt.

Mama und Papa hatten das total niedlich gefunden. Deswegen sagten sie immer noch manchmal Bertehren, obwohl Tiffany das schon lange nicht mehr sagte.

„Das heißt Erdbeeren“, sagte Tiffany auch gleich.

Papa zog eine riesige Schale Bertehren aus seiner Aktentasche. Ein ganzes Kilo Bertehren. Mannomann. War ratzfatz aufgegessen.

Dann saßen sie da. Keiner wusste, was er tun sollte. Schließlich schlug Mama vor, dass sich jeder eine Geschichte ausdenken sollte. Und zwar: Wie hatte die Oma es geschafft, das Internet kaputt zu machen?

Mama fing an. Sie behauptete, die Oma sei eine Hexe und habe das Internet kaputt gehext, weil alle nur noch an Technik glaubten und keiner mehr an Magie.

Der Opa glaubte, die Oma habe bestimmt auf einen großen, roten Knopf gedrückt, auf dem NICHT DRÜCKEN stand.

Papa glaubte, die Oma habe wahrscheinlich aus Versehen format internet: eingegeben. Keiner lachte. Außer Papa. MS-DOS-Witze. Verstand keiner. Außer Papa. Alter Papa. Dann lachte Tiffany ein bisschen, damit Papa nicht allein lachen musste.

Luisa sagte, die Oma habe das Internet gar nicht kaputt gemacht. Sie habe nur so oft „Klick, klick“ gemacht, dass das Internet eben einige Zeit brauche, um all die Doppelklicks zu verarbeiten.

Max glaubte, das Internet habe einfach die Nase voll davon gehabt, sich als Videotext bezeichnen zu lassen.

Der Pizzajunge glaubte, die Oma habe wahrscheinlich irgendetwas durch null geteilt.

Tiffany sagte, die Oma habe es doch nur aus Versehen kaputt gemacht. Und das stimmte.

Jetzt schlug Tiffany vor, dass sie Fische spielen könnten, damit der Opa was zum Angucken hätte. Sie legten die blauen Bettdecken aus Mamas und Papas Schlafzimmer auf den Boden.

Mama protestierte kurz, das wurde aber ignoriert. Tiffany legte sich mit dem Bauch auf die Decken und versuchte Bogen zu springen. Sie spielte einen Delfin. Max war ein Hai und machte Jagd auf seine kleine Schwester. Papa war ein Blauwal. Er legte sich einfach auf die Decke, machte komische Geräusche und die Augen zu. Oma war eine Qualle und wenn man sie berührte, fing die Haut an zu brennen.

Mama war ein Korallenriff, in welches sich der Delfin vor dem Hai retten konnte. Opa fand das sehr lustig. Aber Luisa war das zu albern. Sie rollte nur mit den Augen und schaute dann peinlich berührt zu dem Pizzajungen.

„Kennst du eigentlich Die Bäume?“, fragte sie.

„Klar!“, sagte der Pizzajunge. „Das ist meine Lieblingsband!“

„Schade, dass die Musik nicht mehr geht“, sagte Luisa.

„Wir können doch selber Musik machen“, sagte der Opa.

Das brachte Max auf eine Idee. Er nahm sich die Mülltonne aus der Küche, begann darauf rumzutrommeln und brüllte alles heraus, was ihm nicht gefiel. Größtenteils ging es darum, dass das Internet kaputt war. Opa spielte dazu auf seiner Mundharmonika.

Papa war plötzlich verschwunden. Als er wiederkam, hatte er seine E-Gitarre und seinen Verstärker dabei. Beide hatten jahrelang auf dem Dachboden gestanden. Alle mussten ein wenig husten, als Papa den Staub abwischte. Jetzt wünschte sich jeder ein Lied und alle sangen mit, so gut sie konnten. Alle außer Luisa. Sie hatte Angst, dass das nicht cool war.

Erst als der Pizzajunge sich ein Lied wünschte und besonders schräg mitsang, machte sie auch mit. Und Luisa konnte richtig gut singen. Als Einzige übrigens.

Trotzdem sagte sie nach einer Weile: „Nur schade, dass wir keine richtige Musik haben.“

Da schaltete der Opa sein Kofferradio wieder an und drehte daran herum. Dann hatten sie Musik. Die Musik war noch viel älter als die Punklieder, die Luisa sonst immer hörte. Klang zwar ein bisschen komisch. Aber man konnte dazu tanzen. Opa tanzte mit Oma. Mama tanzte mit Papa. Tiffany tanzte mit Max. Und Luisa tanzte mit dem Pizzajungen.

Spätabends klingelte es an der Tür. Mama machte auf. Ein Mann stand davor. Er trug einen grauen Monteuranzug und eine graue Mütze, auf der zwei Buchstaben standen: IT.

Er war ein Techniker. „Sie haben es wahrscheinlich mitbekommen“, sagte der Techniker. „Das Internet ist kaputt. Das ganze Internet. Auf der ganzen Welt.“

„Das war die Oma“, sagte Tiffany.

„Psst!", sagte Max. „Nicht petzen.“

„Ich hab’s doch nur aus Versehen gemacht“, sagte die Oma.

„Jedenfalls haben wir das Internet aufgeschraubt …“, sagte der Techniker.

„Das hätte ich auch gemacht“, sagte der Opa. „Wenn ich nur mein Werkzeug mitgenommen hätte.“

„Und tatsächlich konnten wird den Fehler bis hierher verfolgen“, sagte der Techniker. „Dürfte ich bitte mal an Ihren Computer?“

Er durfte.

„Aha“, sagte der Techniker. Und dann sagte er: „Klick, klick. So. Jetzt geht’s wieder.“

Und tatsächlich: Jetzt ging’s wieder. Das ganze Internet. Auf der ganzen Welt. Ging wieder.

Sofort musste der Pizzajunge los. Ganz viele Pizzen auf einmal ausliefern. Gleich darauf schrien in Luisas Zimmer wieder Die Bäume und im Gästezimmer guckte der Opa irgendeine Sendung über den nordamerikanischen Königslachs.

Max bekam ungefähr hundert wichtige Nachrichten von seinem Kumpel. Zum Beispiel die hier: „Bei mir geht irgendwie das Internet nicht mehr.“ Oder die hier: „Geht bei dir das Internet auch nicht mehr?“ Oder die hier: „Du weißt auch nicht, warum das Internet nicht mehr geht, oder?“

Jetzt schrieb Max zurück: „Meine Oma hatte es kaputt gemacht.“

„Ja, klar“, antwortete sein Freund. „Deine Oma …“ Glaubte er nicht. Stimmte aber.

Die Oma wollte sich wieder an den Computer setzen, aber alle riefen laut: „Nein! Oma! Tu’s nicht!“ Deshalb ließ sie sich lieber mit ihrem Buch in den Sessel plumpsen.

Mama und Papa brachten Tiffany ins Bett. Tiffany hatte das Gefühl, dass sie fast ein wenig traurig waren, weil das Internet wieder ging. Tiffany jedenfalls war ein klein wenig traurig.

Am nächsten Morgen saßen die Oma und Tiffany im Wohnzimmer. Max knallte auf seinem Handy Raumschiffe ab und schrieb zwischendurch Nachrichten an seinen Kumpel.

Luisa war in ihrem Zimmer und hörte ein paar neue Bands, die ihr der Pizzajunge gestern empfohlen hatte. Sie klangen alle ein bisschen wie Baulärm.

Der Opa schaute im Gästezimmer einen Dokumentarfilm über die Gelbschwanzflunder. Papa war in der Bank und verschob Geld.

Mama war in der Agentur und betreute Webseiten. Der Pizzajunge lieferte Pizzen in die Zusestraße. Tiffany war langweilig.

„Du, Oma“, sagte Tiffany. „Kannst du nicht noch mal das Internet kaputt machen?“

„Ich weiß doch nicht, wie“, sagte die Oma. „Ich hab’s doch nur aus Versehen kaputt gemacht.“

„Bitte, bitte, bitte“, sagte Tiffany.

„Na gut“, sagte die Oma und setzte sich an den Computer. „Ich kann’s ja mal versuchen.“ Sie nahm die Maus in die Hand.

„Klick, klick.“

Ende der Geschichte! Schlaf schön!

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