Eine Geschichte von Stefanie Dahle, erscheinen im Arena Verlag.
Eine duftende Rosenhecke öffnet sich wie von Zauberhand, und Rosa, die kleine Herzprinzessin, hüpft mit dem Arm voller Veilchen ins Herzschloss.
„Aufstehen, ihr Schlafmützen!“, ruft sie ihren Freunden zu.
Die drei Firlefanzen begrüßen Rosa mit ein paar Kunststücken, doch der dicke Kater Kuschelweich, der aussieht wie ein Kissen, schnurrt noch faul in seinem Körbchen.
„Aufstehen? Och, Rosa“, gähnt er.
„Komm lieber noch ein wenig kuscheln!“
Wilma, der Staubwedel, stemmt die Hände in die Hüften. „Rosa, deine Ballerinas sind voller Matsch! So benimmt sich doch keine Prinzessin!“, schimpft sie.
„Wer sagt das denn?“, kichert Rosa.
„Auch Prinzessinnen dürfen über Wiesen laufen!“
Rosa schlüpft aus ihren Ballerinas, gibt Ella einen Kuss und legt die Veilchen auf die lange Speisetafel.
„Ich komme gleich kuscheln. Dann gibt’s auch eine Geschichte, versprochen! Ich möchte nur noch das hier an die Eule abschicken“, lacht sie, klebt eine gepresste Blüte auf eine Karte und bindet sie an einen Herzballon.
„Ah ja“, miaut Kuschelweich so leise, dass nur Ella es hört. „Sie muss wieder mal jemanden glücklich machen.“
Gerade da läutet die Schlossglocke. Wer mag das sein?
Vor der Tür sitzt ein schokobraunes Hörnchen mit einem winzigen Reisekoffer. „Bist du Rosa?“, fragt es. „Die Herzprinzessin, die alle Wünsche erfüllt?“
„Ähm“, macht Rosa verlegen, denn alle Wünsche erfüllen kann sie nicht. Nur solche, die von Herzen kommen. „Welchen Herzenswunsch hast du denn?“
Das Hörnchen hopst über die Schwelle. „Ich suche einen Freund!“
„Verstehe“, nickt Rosa und setzt sich auf den Thronsessel, während das Hörnchen neugierig die seidenen Schlosstapeten bewundert. „Lass uns mal überlegen! Hmm …“
Sofort schwirrt Rosas fliegende Teekanne herbei, die allen ein Tässchen Himbeertee einschenkt.
Kater Kuschelweich legt sich unter Rosas Füße und flüstert: „Hier wohnen keine Eichhörnchen in der Nähe.“
„Oder Streifenhörnchen!“, murmelt Ella leise und trottet langsam über den Teppich.
Auch Rosa will nicht einfallen, wo man einen Freund für das Hörnchen finden könnte.
Deshalb setzt sie ihre rosarote Herzbrille auf, denn damit lässt es sich leichter nachdenken. Doch heute sieht sie durch die Brille nur das Hörnchen mit Ella und Kuschelweich. Komisch. Sonst sagt ihr die Brille doch immer, wie man jemanden glücklich machen kann!
„Einen Freund habe ich leider noch nicht für dich. Aber ich kann dir schon mal zeigen, wie man jemandem eine Freude macht“, schlägt Rosa dem Hörnchen vor und führt es ins Bastelzimmer. „Magst du mir helfen?“
Das Hörnchen schaut aufmerksam zu, wie Rosa eine Papierblume faltet. „Ist die aber schön!“, staunt es und probiert es dann selbst. Das ist gar nicht schwer!
„Man kann auch ein Gedicht schreiben“, zählt Rosa auf, „oder jemandem ein Lied vorsingen.“
„Oder Quatsch machen!“, rufen die Firlefanzen.
Da fällt der Herzprinzessin noch etwas ein: der große Zauberspiegel! Wenn man ganz genau schaut, verrät er manchmal, wie die Zukunft aussehen kann. Heute sieht Rosa eine sonnige kunterbunte Wiese mit flatternden Schmetterlingen. Oh, ein Picknick! Das wäre wirklich eine gute Idee!
Rosa packt leckere Erdbeerbrause, herzförmige Butterbrote, Kuchen und eine Keksdose in den Picknickkorb. „Bevor wir picknicken, bringen wir Familie Kaninchen noch ein paar Plätzchen vorbei“, sagt Rosa und hilft Ella in die Kutsche.
„Weil die kleinen Kaninchen geboren sind“, erklärt Kuschelweich dem Hörnchen.
„Rosa! Willst du deine Gummistiefel mitnehmen?“, ruft Wilma ihnen nach.
Familie Kaninchen wohnt in einem Bau unter der Erle. Rosa und die Tiere müssen ganz leise sein, denn die Kaninchenbabys schlafen.
„Wie niedlich!“, wispert Rosa begeistert, während sich Mama Kaninchen ein paar Kekse aus der Dose nimmt.
„Uhhh ... die schmecken aber muffig! Was ist denn dadrin?“, flüstert das Hörnchen Kuschelweich zu und verzieht die Barthaare, als es einen probiert.
Der Kater grinst. „Bei uns kann leider keiner backen, aber Rosa verschenkt so gerne Kekse!“
Eine Weile schauen alle den Kaninchenbabys zu, wie sie eng beieinander im Nest schlummern.
Schließlich umarmt Rosa Mama Kaninchen zum Abschied: „Auf Wiedersehen! Wir wollen jetzt picknicken!“
Die Blumenwiese duftet herrlich nach Kräutern und Blüten. Das Hörnchen spielt mit Rosa und den Firlefanzen Fangen, Kuschelweich döst in der Sonne, Ella wackelt auf der Suche nach Klee umher, die Schmetterlinge flattern, die Grillen zirpen – ach, wäre doch jeder Tag so schön! Doch beim Essen ist das Hörnchen plötzlich sehr schweigsam.
„Was ist denn?“, fragt Rosa.
„Ach“, schnieft es traurig, „ich muss an die kleinen Kaninchen in ihrem Nest denken. Ich hätte auch gern jemanden, der mit mir kuschelt. Das sah so gemütlich aus!“
Erstaunt hören die Firlefanzen auf zu spielen, Kuschelweich und Ella schauen betreten, aber Rosa springt auf. „Ich hab eine Idee!“
Die Sonne will schon untergehen, als die Kutsche prustend am Herzschloss ankommt. Rosa saust zur Kuschelecke und winkt das Hörnchen zu sich. „Komm!“
Das Hörnchen setzt sich zaghaft neben sie auf ein Kissen, und Kuschelweich schmiegt schnurrend seinen weichen Bauch an die beiden. Die Rosenschildkröte knipst eine Lampe an, die sich langsam zu drehen beginnt. Kleine, leuchtende Sterne huschen über die Wände.
Gespannt, was nun kommt, lauschen alle, besonders das Hörnchen. Schildkröte Ella räuspert sich. „Es war einmal ...“, beginnt sie leise und erzählt nun eine wunderbare Geschichte über einen kleinen Prinzen und seine Reise durch den Zauberwald.
Am Morgen liegen Rosa, Ella und Kuschelweich noch immer zusammengekuschelt in den Kissen. Nur das Hörnchen ist verschwunden.
Ein wunderbarer Duft weht durch das Herzschloss, und das Hörnchen hüpft mit einem Tablett voller Schokohörnchen und Milch zur Kuschelecke.
„Guten Morgen!“, lacht es. „Ich wollte euch noch schnell etwas backen, bevor ich abreise!“
Rosa ist plötzlich hellwach. „Du willst schon wieder fort?“
Das Hörnchen nickt strahlend. „Na klar! Ich muss doch einen Freund finden! Was ich mit ihm dann alles machen könnte, weiß ich ja nun. Danke für deine Hilfe, Rosa!“ Es nimmt Strohhut und Koffer und winkt: „Auf Wiedersehen!“ Schon ist das Hörnchen fort.
Eigentlich wollte Rosa heute mit den Tieren im Schlossgarten Verstecken spielen. Doch keiner von ihnen hat mehr so recht Lust.
Kater Kuschelweich hat sich traurig zusammengerollt, Ella mögen keine Geschichten mehr einfallen, und Rosas Herz tut furchtbar weh, ganz so, als würde ihr ein Stückchen davon fehlen. Nicht einmal die Firlefanzen haben Lust, Schabernack zu treiben.
Plötzlich hopsen die drei Firlefanzen aufgeregt durch den Flur.
War da ein Geräusch? Rosa lauscht. Mit einem Rums springt die goldene Schlosstür auf.
Da steht das Hörnchen. Ganz zerzaust und japsend.
Wie der Blitz hüpft es Rosa auf den Arm und drückt sie ganz fest. „Ich brauche mir keinen Freund mehr zu suchen“, sagt es aufgeregt, „ich habe doch euch! Darf ich hierbleiben?“
Rosa ist so glücklich, dass ihr vor Freude eine Träne über die Backe rollt.
Kuschelweich schnurrt lauter, als er je geschnurrt hat, und Ella nickt zufrieden.
„Von Herzen gern!“, lacht Rosa. „Du bist doch unser liebstes Schokohörnchen!“
Das muss gefeiert werden!
Wilma hat das ganze Herzschloss geputzt und gewienert, das Hörnchen – ach nein … Schokohörnchen – hat seine besten Kekse gebacken – Nuss mit Zuckerblüten – und Rosa ihr schönstes Ballkleid herausgesucht.
Gemeinsam tanzen und feiern die Freunde bis spät in die Nacht. „Jetzt haben wir wirklich alles, was das Herz begehrt“, schnurrt Kuschelweich. „Gute Geschichten, Kekse und jemanden zum Kuscheln!“
„Wie gut, dass du Herzenswünsche erfüllen kannst“, stimmt das Schokohörnchen zufrieden zu, und Ella murmelt: „Diese Geschichte muss ich mir merken.“
Rosa strahlt. „Stimmt! Ende gut, alles gut!“
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