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Ein trauriges Einhorn

Eine Geschichte von Mila Berg mit Illustrationen von Marina Krämer, erschienen im Arena Verlag.

Meistens versteht sich Finya mit den großen Einhörnern nicht so gut.

Die ärgern sie nämlich hin und wieder, weil Finyas Beine so kurz sind, ihre Mähne so strubbelig ist und sie es einfach nicht schafft, mit ihrem Horn Wünsche zu erfüllen.

Kurz gesagt: weil Finya sich weder wie ein perfektes Einhorn benimmt noch wie eines aussieht.

Doch heute trifft Finya auf Elara, das schönste und beliebteste Einhorn im ganzen Wunschwald.

Aber Elara ist nicht wie üblich mit den anderen Einhörnern zusammen, sondern sitzt allein herum und sieht niedergeschlagen aus.

Finya geht ein paar Schritte näher auf Elara zu.

Doch dann bleibt sie wieder stehen und überlegt, ob sie wirklich mit Elara reden soll.

Dabei bemerkt Finya, dass Elara einen Zauberspruch nach dem nächsten übt und ganz angestrengt wirkt.

Das kleine Einhorn überlegt, ob es fragen soll, was los ist.

Eigentlich spricht Elara nicht mit Finya, aber dann nimmt sie sich trotzdem ein Herz und setzt sich zu ihr.

„Hallo!“, sagt Finya vorsichtig.

„Hallo“, antwortet Elara heute zum ersten Mal.

Und es klingt nicht mal unfreundlich.

„Ist alles in Ordnung?“, fragt Finya weiter. „Du siehst aus, als ob dir irgendetwas Sorgen macht.“

„Ach, weißt du …“, seufzt Elara und schaut Finya traurig an.

„Ich habe die Hälfte der Zaubersprüche vergessen. Ich muss sie alle neu lernen, weil sie mir einfach nicht mehr einfallen wollen. Auch meine Mähne glänzt seit Tagen nicht mehr seidig, ganz egal, was ich tue. Ich habe sogar schon eine Schneckenschleimkur gemacht, aber nicht mal das hat geholfen.“

Elara seufzt ein zweites Mal.

„Und gute Laune zu verbreiten, wie ich es ja sonst immer tue und es auch alle von mir erwarten, das gelingt mir schon seit Tagen nicht mehr. Damit alles wieder so wird, wie es vorher war, versuche ich jetzt erst mal, alle Zaubersprüche neu auswendig zu lernen. Es sind nur leider so viele, und ich schaffe es nicht schnell genug.“

Elara sieht ziemlich ratlos aus.

„Ist denn irgendetwas in den letzten Tagen passiert?", fragt Finya.

„Ich weiß nicht recht, warum, aber …“, versucht Elara, Finya alles zu erklären. „Seit Tagen bin ich einfach nur schrecklich traurig. Alles in meinem Herzen fühlt sich grau an. Nur leider weiß ich überhaupt nicht, warum.“

Finya überlegt, was man dagegen tun könnte.

Schließlich macht Finya Elara einen Vorschlag, weil sie eine Idee hat, warum Elara so niedergeschlagen sein könnte.

„Was hältst du von einem Experiment?“, fragt das kleine Einhorn und wartet gar nicht erst Elaras Antwort ab.

„Versuch doch einfach mal, dir einen Tag lang keine Gedanken über perfekt aufgesagte Zaubersprüche, glänzende Mähnen und alles Mögliche zu machen, was die anderen sonst so von dir erwarten“, schlägt Finya vor.

Elara schaut verwundert.

„Wieso sollte mir das bitte helfen?“

„Versuch es doch einfach mal, und vertrau mir!“, beharrt Finya und lädt Elara ein, stattdessen mit Trixi, Kalle und ihr einen Tag im Wald Unsinn zu machen und wenigstens für heute nicht perfekt zu sein.

Und tatsächlich geht es am Ende eines langen Tages dem schönsten und traurigsten Einhorn des ganzen Wunschwaldes wieder etwas besser – nach einer Schlammschlacht, einem selbst gebackenen und ganz allein aufgegessenen Kuchen, einem Wettlauf mit den Feenkindern, einem Nachmittagsbesuch in der Trollhöhle und einem Bad bei den Nixen.

Elaras Mähne glänzt zwar immer noch nicht, doch das liegt vor allem an den Algen, die noch darin kleben.

Aber zum Bürsten war nun wirklich keine Zeit mehr!

Dafür entdeckt Finya ein kleines Funkeln in Elaras Augen.

„Wenn es dir morgen immer noch nicht besser geht, dann komm wieder vorbei, ja?“, ruft Trixi dem schönsten und von oben bis unten mit Algen beklecksten Einhorn hinterher.

Elara wiehert zufrieden im Galopp, und Finya, Kalle und Trixi ziehen sich ebenfalls ein paar letzte Algen aus den Haaren.

Ende der Geschichte! Hab einen spannenden Tag!

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