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Glitzer für alle!

Eine Geschichte von Milena Beisch mit Illustrationen von Eefje Kuijl, erschienen bei Penguin Junior.

Paul und Tarek sind in der gleichen Kita-Gruppe und die besten Freunde.

Tarek zeigt auf das Klettergerüst. „Traust du dich bis ganz nach oben?“

Schon klettern beide los, und schon sind beide oben.

„Ich hatte keine Angst“, sagt Paul.

„Ich auch nicht“, sagt Tarek.

Paul baumelt an der Stange. „Jetzt runterspringen!“

Tarek springt. Er landet auf den Knien, steht auf, schüttelt sich den Sand ab und ruft: „Ich hatte keine Angst!“

Paul ist dran.

Doch als Paul abspringen will, geschieht etwas Seltsames. Es leuchtet, strahlt und glitzert.

„Hier ist ein Zauber!“, ruft Paul aufgeregt.

Oben auf dem Klettergerüst funkelt es, als ob eine Fee herumwirbeln würde. Oder als ob ein Zauberer eine Wunderkugel verloren hätte. Paul klettert zu dem Glitzern hin. Wer weiß: Vielleicht darf er sich jetzt etwas wünschen?

Als er ganz nah herangeklettert ist, nimmt er das Glitzerding vorsichtig in die Hand. Es ist eine Prinzessinnenkrone.

„Bring sie mit runter!“, ruft Tarek. „Das ist unser Piratenschatz. Wir legen die Krone in unser Geheimversteck.“

Tilly kommt aus dem Sandkasten. „Gib her! Das ist meine.“

Am Abend kann Paul nicht einschlafen. Er liegt im Bett und schaut aus dem Fenster. Oben am Himmel sind Sterne.

Sie strahlen so schön! Wie viele kleine Zauberwunderfunkel-Kugeln, denkt Paul.

In der Kita geht Paul morgens als Erstes zu Tilly. „Darf ich mal deine Prinzessinnenkrone haben?“

„Was willst du damit?“, fragt Tilly.

„Ich will gucken, wie es funkelt.“

„Paul!“, ruft Tarek aufgeregt. „Lass schnell die Krone los!“

Die anderen Kinder schauen alle zu Paul.

„Paul spielt Prinzessin!“, rufen sie.

„Der spielt mit Mädchensachen!“

„Hahaha, hihihi!“

Da gibt Paul die Krone schnell wieder an Tilly zurück.

Er rennt mit Tarek zum Geheimversteck. Dort haben die beiden Jungen ihre besten Stöcke versteckt. Sie spielen Ritterkämpfe, laut und wild, und jeder gewinnt ein paar Mal.

Müde fallen sie auf die Wiese. Paul schaut zum Himmel. Wo letzte Nacht Sterne leuchteten, ziehen jetzt Wolken vorbei.

„Warum dürfen Jungen nicht mit Glitzersachen spielen?“, überlegt er.

„Das machen eben nur Mädchen“, sagt Tarek.

„Was passiert, wenn ein Junge es trotzdem macht?“

Tarek weiß es nicht. „Aber es muss was Schlimmes sein“, ist er sich sicher.

„Vielleicht was mit Blitzen?“, überlegt Paul. „Der Glitzer wird zu Blitzen, und die zischen den Jungen um die Köpfe.“

„Oder die Jungs werden zu einem Eisblock“, meint Tarek. „Denk mal an die Eisprinzessinnen, die haben so viel Glitzer.“

Paul nickt ernst. „Vielleicht explodieren die Jungen auch.“

Abends im Bett schaut Paul wieder durchs Fenster zum dunklen Himmel, an dem Tausende kleine Sterne leuchten. Paul mag das Funkeln, aber er ist froh, dass dieser Glitzer weit weg ist. Er denkt an die Jungen und an Wunderfunkel-Kugeln und Explosionen.

Langsam fallen ihm die Augen zu. Und dann, mit einem Schlag, ist er wieder hellwach. Jetzt weiß er es: Jungen, die mit Glitzer spielen, verwandeln sich in Sterne! All die vielen strahlenden Punkte am Himmel sind in Wirklichkeit verzauberte Jungen!

In der Kita muss Paul das gleich Tarek erzählen.

„Die Sterne sind verwandelte Jungs?!“ Tarek haut mit einem Stock an den Busch. „Ich wusste, dass es gefährlich ist.“

Jetzt passen Paul und Tarek noch besser auf.

Die beiden halten sich fern vom Bastelschrank, weil da Glitzerstifte drin sind.

Sie machen einen Bogen um die Verkleidungskiste mit den Feen-, Engel- und Ballettkostümen.

Und sie nähern sich keinem einzigen Mädchen, das eine Glitzerhaarspange oder Glitzernagellack oder Glitzerschnürsenkel trägt.

Draußen im Garten rennen sie zur Rutsche.

„Traust du dich, rückwärts zu rutschen?“, fragt Paul.

Schon ist Tarek rückwärts runtergerutscht. „Ich hatte keine Angst! Traust du dich, auf dem Bauch zu rutschen?“

Beide rutschen auf dem Bauch und rückwärts auf dem Bauch und haben keine Angst.

„Wir sind die Mutigsten“, sagt Tarek.

Paul nickt.

Tilly kommt. „Darf ich mitspielen?“

Die Jungen schreien auf und rennen weg.

Tilly läuft hinter den beiden her, durch den ganzen Garten. „Spielen wir Fangen?“

„Mit dir spielen wir gar nichts!“, ruft Tarek.

Paul flüchtet aufs Klettergerüst. „Du glitzerst!“

Er zeigt auf Tillys rosa T-Shirt mit der großen glitzernden Erdbeere.

Tilly setzt sich traurig auf die Wiese. „Nie wollt ihr mit mir spielen.“

Paul erklärt, dass das nur an dem Glitzer liegt. „Sonst werden wir in Sterne verwandelt“, verrät Tarek.

Tilly springt von der Wiese auf. „In Sterne?“

Tilly rennt ins Haus und kommt mit beiden Armen voller Glitzersachen wieder heraus.

„Ich liebe Sterne“, ruft sie begeistert. „Zeigt mal, wie ihr euch verwandelt!“

Die beiden Jungen schauen sich an.

„Traust du dich?“, flüstert Tarek.

„Und du?“, fragt Paul.

„Wir sind die Mutigsten“, sagt Tarek. Und Paul nickt.

Die beiden bringen alles zum Geheimversteck. Sie ziehen den Feenumhang und das Zauberkostüm an und wickeln sich Glitzerschnürsenkel um die Arme.

Tilly tauscht Tareks Traktor-Shirt mit ihrem Erdbeer-Shirt und steckt ihm eine glitzernde Spange ins Haar. Paul setzt sich die Prinzessinnenkrone auf.

Als sie fertig sind, schaut Tilly ungeduldig von einem zum anderen. „Wann liegt ihr denn zum Himmel?“

Paul und Tarek warten einen Moment.

Nichts geschieht.

„Vielleicht passiert es erst in der Nacht“, überlegt Tarek.

Paul zeigt nach oben: „Da sind Wolken, die versperren den Weg.“

Tilly glaubt eher, dass es am Geheimversteck liegt. „Ihr braucht eine richtige Startrampe.“

Die drei wollen zum Klettergerüst. Von dort aus kann man bestimmt gut als Stern in den Himmel liegen.

Der glitzernde Tarek krabbelt aus dem Geheimversteck, darauf folgt der glitzernde Paul.

Alle Kinder im Kita-Garten lassen ihre Spielsachen fallen. Sie starren die beiden Jungen an.

Und dann lachen sie.

Sie kommen näher und bilden einen Kreis um Paul und Tarek und zeigen mit den Fingern auf sie. „Wie sehen die denn aus?!“

„Hahaha!“

„Hihihi!“

Paul und Tarek wollen sich schnell wieder verstecken.

Aber Tilly fragt: „Habt ihr was zum Kämpfen?“

Sie holt die besten Stöcke aus dem Geheimversteck und ruft laut: „Wer lacht, kriegt Ärger!“

Dabei fuchtelt sie mit den Stöcken gefährlich in der Luft.

Die anderen Kinder weichen zurück.

„Traust du dich?“, fragt Tarek leise.

Paul nickt. „Wir sind die Mutigsten.“

So marschieren die beiden Freunde zum Klettergerüst.

Tilly passt auf, dass niemand sie stört.

Die beiden Jungen steigen ganz hinauf. Oben rückt Paul seine Prinzessinnenkrone zurecht und hebt die Arme zum Himmel. Tarek streckt seine Beine und seine Arme in alle Richtungen, wie ein Stern. Unten sammeln sich die Kinder rund um das Klettergerüst.

Genau in diesem Moment zieht eine Wolke weiter und macht Platz für einen dicken Sonnenstrahl.

Der scheint direkt auf die beiden Jungen und bringt sie zum Glänzen.

Sie funkeln so sehr, dass alle ihre Augen zukneifen müssen.

Paul und Tarek rühren sich nicht. Sie spüren, wie sie leuchten. Wie zwei Sterne.

Paul würde noch den ganzen Tag und die Nacht so da oben bleiben, aber nach einer Weile fragt Tarek: „Runterspringen?“

„Ich trau mich“, sagt Paul.

Er springt vom Klettergerüst, und Tarek hinterher.

„Sternschnuppen!“, rufen die Kita-Kinder.

Nach der Landung fragt Tilly gespannt: „Wie war es als Stern?“

„Ich hatte keine Angst“, sagt Tarek.

„Ich auch nicht“, sagt Paul.

Tilly fragt, ob sie das Traktor-Shirt anbehalten darf. Tarek erlaubt es. Und weil er das Erdbeer-Shirt anhat, will Paul auch die Krone nicht abnehmen.

Er lacht. „Heute bleiben wir Zauberwunderfunkel-Kugeln!“ Tarek und Tilly lachen mit, und die Kitakinder hüpfen im Sonnenstrahl.

Ende der Geschichte! Hab einen spannenden Tag!

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