Eine Geschichte geschrieben und illustriert von Stefanie Dahle, erschienen bei Arena.
Hier kommt die erste Geschichte von Lilia, der kleinen Elbenprinzessin.
Einführung
Du kennst Lilia, die kleine Elbenprinzessin, noch nicht?
Dann wird es aber höchste Zeit! Dich erwartet eine geheimnisvolle Welt voller Einhörner, sprechender Bäume, magischer Seerosen, freundlicher Trolle und sogar Drachen.
Aber wer genau ist Lilia denn nun eigentlich?
Lilia ist eine hilfsbereite kleine Elbin. Sie hat langes goldenes Haar, spitze Ohren und ihre Kleider sind ganz aus Blüten und Blättern gemacht. Ihr Gesang ist so schön, dass er Blumen zum Blühen bringt, aber am besten kennt Lilia sich mit Heilkräutern aus, denn die Elben wissen ganz genau, welche Pflanzen und Kräuter rund um den Zaubersee wachsen. Liebevoll kümmert sich Lilia um alle Geschöpfe im Elbental, pflegt sie gesund oder hört sich ihre Sorgen an. Und wenn Lilia einmal selbst keinen Rat weiß, helfen ihr ihre besten Freunde, der liebenswerte Waldnuffel Trotti und die eigenwillige rote Wiesenschnepfe Minchen.
Zusammen leben die drei in einem Seerosenschlösschen, das auf einer Insel mitten im Zaubersee von Elbental steht. Hier schwirren den lieben langen Tag die Honiglinge um die Seerosen wie kleine Vögel, und wenn man ganz genau hinschaut, sieht man am Himmel die Einhörner wie Wolken dahingaloppieren oder einen Drachen über die Berge fliegen.
Lilias Freundin, die Nymphe Fea, steigt oft aus dem See, um sie zu besuchen. Das geht aber nur, wenn die Seerosen auf dem See geöffnet sind. In Notfall singt Lilia einfach ein altes Elbenlied, damit sie sich öffnen.
Wenn die Prinzessin mal ein Abenteuer erleben möchte, fährt sie mit dem Schwanenboot über den See, um den dicken, aber leider etwas ungeschickten Waldtroll und das Irrlicht Lumine zu besuchen, oder sie reitet auf ihrem Einhorn über die Brücke nach Elbendorf. Dort leben die großen Elben und natürlich die weise Elbenkönigin, die das ganze Elbental regiert.
Am allerliebsten erlebt Lilia Abenteuer gemeinsam mit Minchen und Trotti.
Kommst du mit und begleitest sie ein Stück?
Das Schlammhorn
Lilia war im Elbenladen einkaufen. Mit einem Korb voller Ringelblumen und Froschlaich macht sich die Elbenprinzessin auf den Heimweg.
Doch was ist das? Vor ihr huscht plötzlich etwas Kleines hinter einen nahen Baum. Vorsichtig kommt Lilia näher und entdeckt ein Einhornkind. Sein Horn ist voller Erdkrümel und sein Fell ist übersät mit Schlammspritzern. Es sieht aus wie ein kleines Ferkel.
„Wer bist du denn?“, fragt Lilia überrascht. Das Einhornkind macht erschrocken einen Hüpfer und versteckt sich hinter dem nächsten Busch.
„Ich tue dir nichts. Wie heißt du?“
„Glöckchen!“, tönt es aus dem Busch. „Aber das ist ein blöder Name. Genauso blöd wie Einhörner! Ich will nicht mehr weiß sein und glänzen! Ich bin jetzt ein Schlammhorn!“
„Ach so“, sagt Lilia mitfühlend.
Die Elbenprinzessin schaut sich um, das Einhorn scheint wirklich ganz alleine zu sein.
„Und wo sind deine Eltern?“
„Mir doch egal!“, schmollt das Schlammhorn.
„Sie vermissen dich bestimmt und sind sehr traurig!“, versucht Lilia es weiter. Ganz langsam, um das Einhornkind nicht wieder zu erschrecken, beugt sie sich hinter den Busch.
Da sitzt das Schlammhorn und bohrt bockig seine goldenen Hufe in die Erde, damit sie nicht mehr zu sehen sind.
Lilia beschließt, auf Glöckchen aufzupassen. Vielleicht können sie ja zusammen seine Einhornfamilie wiederfinden.
„Hast du Hunger?“, fragt sie. „Komm, ich weiß, wo leckere Seerosen wachsen. Die mögt ihr Einhörner doch so gerne!“
„Schlammhorn!“, verbessert Glöckchen Lilia.
Doch immerhin nickt es und trottet hinter der Elbenprinzessin her.
Im Knorzwald treffen sie auf ein Rudel Eichhörnchen, die in einem Strauch Fangen spielen.
„Hallo, Lilia. Du hast ja einen Freund dabei. Hallo, Wildschwein!“
Das Einhorn schaut sie empört an.
„Ich bin kein Wildschwein. Ich bin ein Schlammhorn!“
Die Eichhörnchen staunen.
„Wow! Cool! Ein Schlammhorn haben wir noch nie getroffen! Gibt es noch mehr von dir? Willst du mit uns Fangen spielen?“
Aber in dem Strauch ist es eng und Glöckchen bleibt mit der Mähne in den Zweigen hängen.
„Dazu müsste ich ein Eichhörnchen sein!“, sagt Glöckchen.
Sie verabschieden sich und kommen zu einer Lichtung.
Drei Dachse – eine Dachsmama und ihre zwei Kinder – spielen auf einer Wiese Verstecken und flitzen um ihren Bau.
„Darf ich mitspielen?“, fragt das Einhorn.
Die Dachse blicken auf.
„Hey cool, du bist ja schmutzig! Bist du ein Schweinhorn?“
„Nee, ich bin ein Schlammhorn!“ Stolz reckt das Schlammhorn seinen Hals.
„Und hast du auch eine Schlammhornmama?“, fragt das eine Dachskind neugierig.
Das kleine Einhorn schüttelt den Kopf. „Meine Mama ist gar nicht schmutzig! Sie …“
Aber dann kann es nicht weitersprechen. An Mama zu denken, tut weh. Traurig legt es sich ins Gras.
Lilia streichelt das Einhornkind.
„Gibt es auch ganz viele Elben?“, will es von Lilia wissen.
„Ja schon!“ Lilia nickt.
Das Einhorn schnieft.
„Aber es gibt nur ein einziges Schlammhorn auf der Welt. Nur mich!“
Da streicht plötzlich ein Windhauch durch Lilias Haar. Die Elbenprinzessin schaut durch die Baumkronen in die Wolken. Galoppieren da oben nicht Pferde? Das muss die Familie von Glöckchen sein!
Sie läuft zu den Dachsen hinüber.
„Könnt ihr mal kurz auf das Schlammhorn aufpassen?“
So schnell sie kann, rennt Lilia den Wolken hinterher bis zu einer Lichtung.
„Hallo!!!“, ruft sie. „Hallo, ihr Einhörner! Seid ihr da? Ich habe ein Einhornkind gefunden!“
Kaum hat Lilia das gesagt, erscheinen am Himmel plötzlich schlanke Pferde. Zwei von ihnen galoppieren unter den Wolken hindurch und landen direkt auf der Wiese vor der Elbenprinzessin.
Ihr Fell schimmert silbern und beide traben auf Lilia zu.
„Hast du unser Kind gefunden?“, rufen die Einhorneltern besorgt.
„Ja, es ist im Wald! Aber es ist traurig, weil es kein Einhorn mehr sein möchte“, erklärt Lilia.
Die Einhornmutter wackelt erstaunt mit ihren samtigen Ohren.
„Und was möchte es sein?“, fragt sie.
„Ein Schlammhorn!“
Der Einhornvater lächelt.
„Na gut!“, sagt er und zwinkert Lilia zu. „Geh du schon vor, wir kommen gleich nach!“
Als die Elbenprinzessin wieder bei dem Einhornkind ankommt, bricht die Dämmerung an. Schon steht der Mond am Himmel. Glöckchen springt auf.
„Hast du meine Eltern gefunden?“
„Tut mir leid“, sagt Lilia.
Das Einhorn lässt traurig den Kopf hängen.
Lilia schaut sich um. Wo bleiben die Einhorneltern? Da endlich entdeckt sie sie.
„Also Einhörner habe ich keine gefunden.“ Lilia grinst. „Aber ich habe zwei Schlammhörner für dich!“
Hinter den Bäumen kommen zwei fürchterlich schmutzige Schlammhörner hervor. Sie triefen vor Modder und ihr Fell ist so schnuddelig, dass es schnuddeliger nicht geht.
Glöckchen starrt die beiden entgeistert an. Dann galoppiert es los.
„Mama!!! Papa!!!“
Die drei Schlammhörner drücken sich eng aneinander.
„Glöckchen, wir haben uns solche Sorgen gemacht!“, wiehert die Einhornmama.
Glöckchen lächelt selig.
„Ich wollte nur endlich mal ein Schlammhorn sein!“
Der Einhornpapa wispert: „Du kannst alles sein, was du dir wünschst. Dafür musst du doch nicht weglaufen! Ich finde, Schlammhörner sind eine tolle Idee. Und weißt du, was? Wenn Vollmond ist, machen wir ab jetzt immer Schlammhorntag.“
„Das ist toll, danke, Schlammhornpapa!“, kichert das Einhorn glücklich.
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ok, verstanden