jetzt drucken

Du, Papa…Ist zehn viel?

Eine Geschichte von Sabine Bohlmann mit Illustrationen von Emilia Dziubak, erschienen im arsEdition.

„Ist zehn viel?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa, als sie gemeinsam im Wald spazieren gingen.

„Kommt ganz drauf an“, meinte daraufhin Papawolf.

„Worauf denn?“, fragte der Kleine neugierig und spitzte seine Ohren.

Papawolf überlegte ein Weilchen.

„Also: Wollen zehn Ameisen eine Banane tragen, dann ist zehn wenig. Denn für die Banane brauchen sie auf jeden Fall mehr Helfer. Aber wenn zehn Affen eine Banane tragen, ist zehn ganz schön viel. Da gibt es wahrscheinlich sogar ein Gerangel. So ist das. Genau so geht es zu im Leben! So und nicht anders!“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und kratzte sich nachdenklich an der Nase.

„Bin ich groß?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa am nächsten Tag, als sie von einem Hügel über den Wald sahen.

„Kommt ganz drauf an“, meinte daraufhin Papawolf.

„Worauf denn?“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die Ohren.

Papawolf überlegte ein Weilchen.

„Wenn du neben einer Giraffe stehst, bist du klein, sehr klein sogar, weil Giraffen einfach die größten Tiere sind.

Aber wenn ein Frosch deinen Weg kreuzt, bist du groß. Sehr groß sogar. So ist das. So ist das Leben. So und nicht anders!“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und sah nach oben zu seinem Papa, der ja auch ein Stückchen größer war als er selbst.

„Bin ich schnell?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa, als sie gemeinsam einen Berg hinuntergerannt waren.

„Kommt ganz drauf an“, meinte daraufhin Papawolf.

„Worauf denn?“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die Ohren.

Papawolf überlegte ein Weilchen.

„Also: Wenn du mit dem Hasen um die Wette läufst, hast du kaum eine Chance zu gewinnen, denn er gehört zu den schnellsten Tieren im Wald. Aber trittst du gegen die Schildkröte an, bist du auf jeden Fall als Erster im Ziel und kannst sogar im Vorüberlaufen noch ein paar Beeren pflücken. So ist das. So ist das im Leben. So und nicht anders.“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und rannte noch einmal den Berg hinauf und hinunter.

„Bin ich dick?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa am nächsten Tag, als sie gerade ihr Mittagessen verdrückt hatten und der Kleine seinen Bauch so fest herausstreckte, wie er nur konnte.

„Kommt ganz drauf an“, meinte daraufhin Papawolf.

„Worauf denn?“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die Ohren.

Papawolf überlegte ein Weilchen.

„Also: Wenn das Nilpferd neben dir steht, bist du gar nicht dick, dann sieht man dich vielleicht nicht einmal. Aber wenn sich neben dir die Schlange schlängelt, dann bist du ganz schön dick. Denn die Schlange ist ganz schön dünn, auch dann, wenn sie gerade gefrühstückt hat. So ist das. So ist das im Leben. So und nicht anders.“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und streichelte nachdenklich seinen Bauch.

„Bin ich flauschig?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa am nächsten Tag, als sie gerade frisch gebadet aus dem Fluss gestiegen waren und der warme Wind ihr nasses Fell getrocknet hatte.

„Kommt ganz drauf an“, meinte daraufhin Papawolf.

„Worauf denn?“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die Ohren.

Papawolf überlegte ein Weilchen.

„Also: Wenn du einen Igel streichelst und dann dich selbst, dann wirst du denken, dass es nichts Weicheres gibt als das Fell eines kleinen Wolfs. Aber wenn du den flauschig-weichen Schwanz eines Eichhörnchens streichelst und dann über dein Fell streifst, wirst du denken, du wärst das kratzigste Tier auf Erden. So ist das. So ist das im Leben. So und nicht anders.“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und streichelte sich über sein Fell.

„Bin ich wild?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa am nächsten Tag, als er gerade außer Rand und Band über die Wiese getobt war.

„Kommt ganz drauf an“, meinte daraufhin Papawolf.

„Worauf denn?“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die Ohren.

Papawolf überlegte ein Weilchen.

„Also: Wenn du einem Faultier zusiehst, wie es faul auf dem Baum rumhängt, tagein, tagaus, dann bist du ganz schön wild.

Aber wenn dir ein Wildschwein über den Weg läuft, das seine neugeborenen Kinder verteidigen will, dann rate ich dir, bei drei auf dem Baum zu sein. Denn ein wildes Wildschwein ist das Wildeste, was du dir vorstellen kannst. So ist das. So ist das im Leben. So und nicht anders.“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und sprang noch einmal so wild herum, wie er konnte.

„Bin ich laut?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa in der nächsten Nacht, als sie gerade aus vollem Halse den Mond angeheult hatten.

„Kommt ganz drauf an“, meinte daraufhin Papawolf.

„Worauf denn?“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die Ohren.

Papawolf überlegte ein Weilchen.

„Also: Wenn der Hirsch im Herbst röhrt und du gleichzeitig den Mond anheulst, wird man dich kaum hören, weil der Hirsch so laut ist. Aber gegen den kleinen Spatz da drüben bist du richtig laut, der kann nur leise piepsen. So ist das. So ist das im Leben. So und nicht anders.“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und heulte noch einmal den Mond an, so laut er nur konnte.

„Bin ich stark?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa am nächsten Tag, als sie gemeinsam an ihrem neuen Bau arbeiteten.

„Kommt ganz drauf an“, meinte daraufhin Papawolf.

„Worauf denn?“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die Ohren.

Papawolf überlegte ein Weilchen.

„Also: Wenn eine Maus versucht, so ein großes Loch zu buddeln wie wir beide heute, dann schafft sie das nicht, weil sie viel schwächer ist. Aber eine Schnecke, obwohl sie so klein ist, ist im Grunde stärker, weil sie ihr eigenes Haus auf dem Rücken tragen kann. Ich kenne sonst niemanden, der sein Haus tragen kann. So ist das. So ist das im Leben. So und nicht anders.“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und buddelte weiter.

„Bin ich lustig?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa am nächsten Tag, als er einen Purzelbaum gemacht hatte.

„Kommt ganz drauf an“, meinte daraufhin Papawolf.

„Worauf denn?“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die Ohren.

Papawolf überlegte ein Weilchen.

„Also: Wenn ich die Nase vom Nasenbär sehe oder die Ohren vom Löffelhund, dann muss ich schon noch ein bisschen lauter lachen. Aber gegen die Zecke hier bist du sehr lustig, denn Zecken sind komplett unlustig, wenn du mich fragst. So ist das. So ist das im Leben. So und nicht anders.“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und purzelte weiter.

„Hab ich gute Augen?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa, als sie einen Nachtspaziergang unternahmen.

„Kommt ganz drauf an“, meinte daraufhin Papawolf.

„Worauf denn?“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die Ohren.

Papawolf überlegte ein Weilchen.

„Also: Die besten Augen hat der Adler. Dagegen bist du blind wie ein Maulwurf. Doch apropos Maulwurf: Gegen ihn hast du die reinsten Adleraugen. So ist das. So ist das im Leben. So und nicht anders.“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und öffnete seine Augen noch weiter, um in der Dunkelheit noch ein bisschen besser sehen zu können.

„Bin ich schlau?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa am nächsten Tag, als er sich aus einem Blatt einen Hut gegen den Regen gebastelt hatte.

„Kommt ganz drauf an“, meinte daraufhin Papawolf.

„Worauf denn?“, fragte der Kleine neugierig und spitzte die Ohren.

Papawolf überlegte ein Weilchen.

„Also: Sehr schlau warst du, als du einen großen Bogen um das Stinktier gemacht hast. Ein bisschen weniger schlau warst du, als du deine Nase in das Bienennest gesteckt hast, um vom Honig zu schlecken. So ist das. So ist das im Leben. So und nicht anders.“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und ein dicker Regentropfen landete auf seiner Nasenspitze.

„Hast du mich lieb?“, fragte der kleine Wolf seinen Papa am nächsten Abend, als sie gemeinsam zusahen, wie der Mond hinter dem Hügel erschien und die Nacht begrüßte.

„Ja. Sehr. Ich hab dich sehr, sehr lieb“, sagte Papawolf.

„Und es kommt nicht drauf an, ob ...“, fragte der Kleine vorsichtig nach, aber Papa unterbrach seinen Sohn. „Es kommt auf nichts drauf an. Egal, wie groß, klein, dick, dünn, wild, zahm, laut, leise, stark oder schwach du bist. Ich hab dich immer lieb. So ist das. So ist das im Leben. So und nicht anders.“

„Aha!“, sagte der kleine Wolf und umarmte seinen Papa ganz fest.

Ende der Geschichte! Hab einen spannenden Tag!

Oder noch nicht genug vorgelesen?

Hier findest du weitere Geschichten.

weiterlesen

Lesezeichen hinzugefügt

Du hast für diese Geschichte auf diesem Gerät ein Lesezeichen gesetzt. Wenn du sie das nächste Mal öffnest, kannst du an der markierten Stelle fortfahren.

ok, verstanden